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Abendveranstaltung "Identität entsteht nicht durch Leugnen, Ignorieren oder Vergessen“

Impulsgespräch mit Prof. Dr. Aleida Assmann und Prof. Dr. Jan Assmann am 6.11.2019

Über 500 Menschen waren der Einladung des städteregionalen Bildungsbüros gefolgt, um im Krönungssaal das Forscherehepaar Jan und Aleida Assmann im Gespräch zu hören.
Bei der Veranstaltung „Identität entsteht nicht durch Leugnen, Ignorieren oder Vergessen“ ging es um die Frage, wie der Umgang mit der eigenen Geschichte eine Gesellschaft prägt. Dabei wurde unsere kulturelle Erinnerung als Basis für Gemeinschaft, Solidarität und Verantwortung gerade vor dem Hintergrund des wachsenden Populismus, antisemitischer Vorfälle und gesellschaftlicher Spaltung diskutiert. Die Klarheit und der Humor des Wissenschaftlerehepaars im Dialog mit Moderator Martin Schult (Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.
Geschäftsstelle Friedenspreis des Deutschen Buchhandels) trug die Zuhörenden - Bildungsverantwortliche, Schüler_innen und Privatpersonen - durch die Veranstaltung.
Zahlreiche Impulse für aktuelle gesellschaftliche Diskussionen konnten gesetzt werden: etwa die Anmerkung von Aleida Assmann, die Nation sei kein „heiliger Gral“, der vor Befleckung und Entweihung – Stichwort „Vogelschiss“ – zu retten ist. Eine Nation sei eine Gemeinschaft von Menschen, die sich auch an beschämende Episoden ihrer Geschichte erinnert und Verantwortung übernimmt. Hier wies sie auf eine wichtige Unterscheidung hin: „Beschämend ist allein diese Geschichte, nicht aber die befreiende Erinnerung an sie, die wir mit den Opfern teilen.“ Dass Deutschland etwa mit der Holocaust-Gedenkstätte in Berlin die Erinnerung stärke, sei laut Jan Assmann in der Tat ein nie dagewesener Schritt. „Kein anderes Volk hat ein Denkmal gebaut, das an seine schlimmsten Verbrechen erinnert. Aber im Ansehen anderer Nationen hat uns das unsere Ehre zurückgebracht, unser Gesicht wiederhergestellt.“
So wurde aus dem Vortrag ein Auftrag: zu begreifen, was geschehen ist, und warum es geschehen konnte. Die Stimmen auf der Bühne waren nicht laut, aber deutlich: nur eine Gesellschaft, die aus ihrer Vergangenheit lernt, kann in Frieden und Freiheit leben.