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Landrat von Pastor 1899-1919

Karl (Charles) von Pastor

 

* 24. November 1857 Burtscheid +13. Oktober 1919 Aachen

Gymnasium in Weilburg, Reifeprüfung Herbst 1878, Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und Berlin (1878-1881),

29.4.1882 1. juristische Prüfung,

16.5.1882 Gerichtsreferendar am Landgericht Aachen,

6.10.1884 Regierungsreferendar den Regierungen Aachen bzw. Posen,

15.8.1888 Regierungsassistent, Beschäftigung bei der Regierung Münster,

14.12.1893 kommissarischer Landrat des Landkreises Malmedy,

16.1.1894 Amtsantritt,
30.6. Kreistag bittet unter Verzicht auf sein Vorschlagsrecht um Ernennung,
12.8. definitive Ernennung (Bestallung) zum 1.9.,

6.5.1899 kommissarischer Landrat des Landkreises Aachen (Erlaß),

29.5. Amtsübernahme,

4.12.1899 definitive Versetzung (Erlaß),

14.2.1900 Diensteinführung,

am 13. Oktober 1919 im Dienst verstorben

 

Landrat des Landkreises Aachen 04.12.1899 bis 13.10.1919

Besonderheiten:

Wie kaum ein anderer verkörperte von Pastor, die vom Kreisausschuss gewünschte Person, die es fertigbringen müsse, der Industrie wie auch der hiesigen Landwirtschaft gleichermaßen Aufmerksamkeit und Förderung angedeihen zu lassen. Neben seiner Herkunft aus einer bekannten Burtscheider Industriellenfamilie verfügte von Pastor über landwirtschaftlichen Besitz in der Gemeinde Richterich und nannte den Mönchhof im Ort Horbach sein Eigen.  Hauptaugenmerk legte von Pastor auf die Sicherstellung der Wasserversorgung für die Städte und Gemeinden des Landkreises und brachte sich überall dort ein, wo Projekte mit überörtlicher Bedeutung die Kräfte und Möglichkeiten einzelner Kommunen überstiegen. 1899 war unter maßgeblichen Einfluss des Landkreises Aachen die Rurtalsperrengesellschaft gegründet worden, dessen Geschäftsführer von Pastor wurde. Im Jahr 1903 wurde das „Kreisamt für Abgabe elektrischer Kraft“ in Brand errichtet, das die Energie des gerade fertiggestellten Wasserkraftwerkes Heimbach an der Urfttalsperre dem Landkreis zuführte. Einen Gebietsverlust von 1 145,7 ha musste der Landkreis am 1. April 1906 verzeichnen. Die Landgemeinde Forst wurde aufgelöst und der Stadt Aachen zugeschlagen. Damit schied sie aus dem Landkreis aus. Die bis dahin mit Forst verbundene Gemeinde Eilendorf wurde selbständige Bürgermeisterei. Das große Ziel einer zentralen Wasserversorgung für den Landkreis Aachen ging von Pastor mit großer Energie und Überzeugungskraft an. Handlungsbedarf bestand in jedem Fall; besonders im Norden des Landkreises hatte der Bergbau durch Senken des Grundwassers manche Wassergewinnung erschwert. Aber die Gemeinden waren dennoch skeptisch ob der anfallenden Kosten und unterbreiteten eigene Vorschläge für Einzelmaßnahmen. Von Pastor richtete zunächst ein Baubüro ein und konnte 1909 die Gründung des Wasserwerkes des Landkreises Aachen GmbH verkünden. Gesellschafter des rein kommunalen Werkes wurde der Landkreis und der überwiegende Teil seiner Gemeinden. Was bei der Versorgung mit elektrischem Strom nicht gelungen war, da einige Gemeinden des Nordkreises durch die private  „Rheinischen Elektricitäts- und Kleinbahnen Aktiengesellschaft“ versorgt wurden und der andere Teil durch das „Kreisamt für Abgabe elektrischer Kraft“, gelang nun bei der Wasserversorgung. Das Wasserwerk wurde in der Folge zum Stolz des Landkreises und kann im Rückblick als beachtliche Leistung der kreiskommunalen Tätigkeit betrachtet werden. Mit Anbruch des ersten Weltkrieges traten die gestalterischen Aktivitäten des Landkreises in den Hintergrund. Wichtigste Aufgabe war es nun, die Lebensmittel im Landkreis zu erfassen um die Versorgung der Kreisbevölkerung im Rahmen der Kriegswirtschaft sicherzustellen. Die schwierige Situation, die in dieser Zeit im Landratsamt geherrscht haben muss, lässt sich an dem Umstand ablesen, dass 1917 der Kreissyndikus, der mit der Lebensmittelerfassung und –versorgung betraut war, in seinem Dienstzimmer zusammengebrochen war, der gesundheitlich angeschlagene Landrat den Regierungspräsidenten um Ersatz bat, und diesen jedoch erst Ende Januar 1919 in Person des Regierungsrats von Funck genehmigt bekam. Einziger Lichtblick für manchen Bediensteten im Landratsamt dürfte da die Inbetriebnahme der ersten Schreibmaschine 1917 gewesen sein. Genau wie die Bevölkerung war auch die Verwaltung des Landkreises nicht auf den abrupten Systemwechsel im November 1918 vorbereitet. Aufgrund der britischen Seeblockade litten die Menschen im Landkreis unter großem Hunger. Trotz der großen Not im „Steckrübenwinter“ kam es im Kreisgebiet nicht zu einem Loyalitätsbruch gegenüber dem Kaiserreich. Die Bevölkerung forderte nicht die Abdankung des Kaisers und auch die am 8./9. November Aachen erreichende Rätebewegung von Soldaten und Arbeitern führte nicht dazu, dass sich die Arbeiterschaft im Landkreis radikalisierte. Im Landkreis blieb es ruhig, da die mancherorts gebildeten Arbeiter-, Bürger- oder Soldatenräte für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sorgten. Ende November 1918 rückten belgische, britische, französische und amerikanische Besatzungstruppen in das Gebiet des Landkreises ein und lösten sämtliche Räte aus der Revolution auf. Der Landkreis Aachen wurde der zweiten, belgischen Zone mit Hauptquartier in Aachen zugeordnet. Wie der Aachener Regierungspräsident im Januar 1919 nach Berlin schrieb, stieg die Arbeitsbelastung für die Landräte nach der Besetzung weiter, im Landratsamt liefen die Vorbereitungen, dem schwer erkrankten Landrat einen sechswöchigen Urlaub zu gewähren. Außerdem soll für den 1. Januar 1920 ein Abschiedsgesuch vorbereitet worden sein. Alle Bemühungen um Entlastung des Landrates kamen zu spät, am 13. Oktober 1919 starb Karl von Pastor im Alter von 61 Jahren. Die Amtsgeschäfte übernahm zunächst Regierungsrat von Funck.

Der Untergang des Kaiserreichs hatte weitreichende Folgen für die unmittelbare Nachbarschaft des Landkreises. So verlangte Belgien als Kompensation für die schweren Kriegsschäden ein Fünftel der Monschauer Kreisfläche sowie wichtige Bahnverbindungen. Mit der Annexion der Landkreise Eupen und Malmedy-St. Vith verlor die Aachener Region wirtschaftlich wichtiges Hinterland, das über Jahrhunderte fest mit Aachen und dem Landkreis verbunden gewesen war.

Auch verfassungsmäßig brachte der Systemwechsel entscheidende Änderungen. Ab 1920 wurde der Kreistag in allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl gewählt und der Landkreis bekam neue Aufgaben übertragen.

 

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