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DreiländerRegion gegen Tihange 2: Dr. Grüttemeier überzeugt den Petitionsausschuss des EU-Parlaments. Jetzt werden von der EU-Kommission und Belgien fehlende Informationen angefordert.

 

StädteRegion Aachen. Der als Risse-Reaktor bekannt gewordene Block des belgischen Atomkraftwerks, Tihange 2, liefert schon seit Wochen keinen Strom mehr – und wenn es nach dem Willen der über acht Millionen Menschen in der DreiländerRegion geht, sollte das auch so bleiben. Immer wieder sorgen neue Störfälle und Hiobsbotschaften für Angst und Verunsicherung. Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier hat heute (20.02.2019) in Brüssel die Gelegenheit genutzt, vor dem Petitionssauschuss des Europäischen Parlaments noch einmal die Sichtweise der DreiländerRegion vorzutragen und um weitere Unterstützung zu bitten. Begleitet wurde er dabei von seinem Amtsvorgänger Helmut Etschenberg.

Das Ergebnis wird von den Teilnehmern als Erfolg bewertet, denn ursprünglich sah die Vorlage des Ausschusses vor, die Petition zu schließen, also nicht weiter zu behandeln. Nach dem emotionalen und fachlich überzeugenden Vortrag Dr. Grüttemeiers kam es dann anders: So sagte Pál Csàsky, der den Vorsitz des Ausschusses innehatte, zu, die Petition der DreiländerRegion gegen Tihange weiterhin zu unterstützen und deshalb „offen zu halten“, also weiter zu verfolgen. Zudem gab es die konkrete Zusage, sowohl an die EU-Kommission als auch an das Königreich Belgien Schreiben zu verfassen, in denen weitere Informationen gezielt zu Tihange 2 angefordert werden. Dr. Grüttemeier bedankte sich abschließend im Ausschuss für die Unterstützung: „Ich hoffe, dass es uns so gelingt, für die weitere, dringend nötige Aufklärung zu sorgen.“

 

Grüttemeier hatte zuvor eindringlich an den Ausschuss appelliert, die Kommission zu einem weiteren Auskunftsersuchen gegenüber dem Königreich Belgien anzuhalten. „Darin soll das Königreich Belgien aufgefordert werden, die durch die belgischen Behörden noch nicht beigebrachten Dokumente zum Sicherheitsnachweis von Tihange 2 vorzulegen“, sagte Grüttemeier stellvertretend für über 100 Kommunen in drei Staaten und zwei Bundesländer. „Die Qualitätssicherung beim Reaktordruckbehälter ist nur nachprüfbar, wenn die belgischen Behörden ein gestaffeltes Sicherheitskonzept vorlegen und nachvollziehbar dokumentieren“, erklärte der Städteregionsrat vor den Mitgliedern des Ausschusses. Eine weitere Forderung war, dass der Ausschuss die Kommission darum bittet, einen Verstoß gegen das im EURATOM-Vertrag festgelegte Vorbeuge- und Vorsorgeprinzip durch den zukünftig zu erwartenden belgischen Weiterbetrieb von Tihange 2 zu prüfen.

Grüttemeier nutze die Gelegenheit aber auch, um dem Europäischen Parlament für das bisherige Engagement zu danken: „Die Kommission hat uns Unterlagen zur Verfügung gestellt und auch Engie Electrabel um Zustimmung gebeten, deren Dokumente veröffentlichen zu dürfen. Das wissen wir zu schätzen“, sagte der Städteregionsrat und fügte kritisch hinzu: „Leider beinhalten diese Dokumente keinen Nachweis der Sicherheit. Wir teilen auch nicht die Ansicht der Kommission, dass die Arbeit der FANC ein hohes Maß an Transparenz zeigt, denn erst kürzlich wurde eine Liste mit 250 nicht-gemeldeten Störfällen veröffentlicht. Das passt einfach nicht zusammen und lässt uns weiterhin bangen.“

Das sieht nach dem heutigen Termin auch der Petitionsausschuss so und hat folgerichtig angekündigt, genau das in Belgien, respektive bei der EU-Kommission, anzumahnen. 

 

Der ehemalige Städteregionsrat Helmut Etschenberg hatte vor rund drei Jahren im Namen der „DreiländerRegion gegen Tihange“ die Kommission gebeten, sämtliche ihr vorliegenden Informationen zum Kernkraftwerk Tihange 2 zur Verfügung zu stellen, alle ihr zustehenden Informationsansprüche gegenüber dem Königreich Belgien sowie weiteren beteiligten Parteien geltend zu machen und zu prüfen, ob das Königreich Belgien mit seinem Vorgehen in Bezug auf den Kernreaktor gegen Vorgaben der europäischen Verträge verstoßen hat bzw. verstößt. Der damalige Parlamentspräsident Martin Schulz (Würselen) hatte den in acht Aktenordnern akribisch zusammengestellten Fragenkatalog in Empfang genommen.

„Die Aufgabe der Kommission besteht darin, die fristgerechte und wirksame Umsetzung und Anwendung des bestehenden EU Rahmens für die nukleare Sicherheit sicherzustellen. Zu diesem Zweck kann die Kommission rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten einleiten, die die Anforderungen nicht erfüllen. So wurde Belgien im Juli 2018 aufgefordert wurde, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um für die vollständige Umsetzung der Richtlinie über nukleare Sicherheit zu sorgen“, beschreibt Etschenberg einen Teilerfolg seines  konsequenten Vorgehens.

Die Bezirksschülervertretung in der StädteRegion Aachen (BSV) hatte die Petition 2016 mit einem eigenen Schreiben untermauert und darin die sofortige Abschaltung der Kernkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 gefordert. Bryan Kroker und Sebastian Schick von der BSV sind ebenfalls zur Ausschusssitzung nach Brüssel gereist: „Es geht um unsere Zukunft und deshalb müssen wir aktiv werden. Wir sind massiv verunsichert. Nicht nur wegen der mangelhaften Transparenz, sondern auch weil es keine erkennbaren Ergebnisse gibt“, so die beiden unisono. Die Vertretung der 43.000 Schülerinnen und Schüler aus der StädteRegion Aachen wird unter anderem auch von der Landesschülervertretung NRW unterstützt.

Die StädteRegion Aachen hat die Erkenntnisse aus dem Petitionsverfahren zusammen mit weiteren neuen Argumenten („Bröckelbeton“, fehlende Baupläne der Sicherheitsbunker und fragwürdige INES-Einstufungen durch die FANC) in die „Betroffenheitsklage“ vor dem belgischen Gericht der ersten Instanz eingebracht. Erst kürzlich waren in den Sicherheitsbunkern einiger Reaktoren der Abbau von Beton sowie Anomalien in den Stahl-Verstärkungen festgestellt worden. In diesem Verfahren klagt die StädteRegion zusammen mit 2 Städten, 2 Unternehmen und 9 natürlichen Personen – darunter die Vorsitzenden aller im Städteregionstag vertreten Fraktionen.  

„Wir verfolgen sehr gespannt den Verlauf der juristischen Auseinandersetzung und wir geben auch nicht eher Ruhe, bis wir alle relevanten Sicherheitsnachweise gesehen und geprüft haben. Das sind wir den Menschen in unserer Region schuldig“, betont Dr. Grüttemeier nach einem ereignisreichen Tag in Brüssel.

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