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Ausstellung „Fotokunst im Exil. 1928-1949“ Fotografie-Forum der StädteRegion Aachen zeigt besondere Geschichte der Fotografie.

 

StädteRegion Aachen. Unter dem Titel „Fotokunst im Exil. 1928-1949“ ist jetzt im Fotografie-Forum Monschau eine neue Ausstellung eröffnet worden. Noch bis zum 22. Juni widmet sich das Museum der StädteRegion Aachen einem besonderen Kapitel der europäischen Kunstgeschichte. Zehn künstlerische Positionen zeigen, wie Fotografinnen und Fotografen im Exil weiterhin tätig waren. Denn oft zwangen die politischen Verhältnisse sie in den 1930er Jahren dazu, ihre Heimat zu verlassen. Die ausgewählten Presse- und Reportageaufnahmen sowie künstlerischen Fotografien zeigen unterschiedliche Strategien, sich der neuen Umgebung anzupassen. Sie demonstrieren gleichzeitig, wie entscheidend das Medium der Fotografie in den jeweiligen Exilländern von emigrierten Personen geprägt wurde. So zeigte sich Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier bei der Eröffnung begeistert: „Die Fülle der gezeigten Aufnahmen ist beeindruckend, ganz besonders, weil sie aus ganz Europa stammen. Wieder einmal ist es dem Fotografie-Forum gelungen, für dieses besondere Ausstellungsprojekt Leihgaben von international renommierten Institutionen zu erhalten.“

 

Die von der Leiterin des Fotografie-Forums, Dr. Nina Mika-Helfmeier, kuratierte Ausstellung fußt auf umfangreichen Recherchen in historischen Archiven in Berlin, Paris, Salzburg und New Hampshire sowie auf zahlreichen Gesprächen nicht nur mit Sammlerinnen und Sammlern, sondern auch mit Historikerinnen und Historikern. Mika-Helfmeier: „Für die Ausstellung galt es zunächst mehrere tausend Fotos aus den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu sichten. Jener Zeit in der die Fotografie stark von der ‚Neuen Sachlichkeit‘ und dem Bauhaus beeinflusst wurde.“

 

Als Ausgangspunkt dienen die Arbeiten Martin Munkácsi, bei denen er 1933 die Machtübergabe Paul von Hindenburgs an Adolf Hitler für die Nachwelt dokumentiert. Im Auftrag der Berliner Illustrierten Zeitung hielt der jüdisch-ungarische Fotograf diesen für die Geschichte Europas denkwürdigen Tag fest. Die so genannte „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten lässt sich für die avantgardistische Kunstszene als Zäsur begreifen. Insbesondere für jüdische Künstlerinnen und Künstler bedeutete sie Ausgrenzung und Berufsverbote, aber auch Angst vor Inhaftierungen oder gar um das eigene Leben. Viele flohen vor dieser unmittelbaren Bedrohung ins Exil.

 

Lotte und Ruth Jacobi emigrierten nach New York und mussten ihr gemeinsam betriebenes Fotostudio in Berlin zurücklassen. Im Exil porträtiert Lotte Jacobi zunächst berühmte Deutsche, die ebenfalls fliehen mussten. So verdanken wir der Fotografin ikonische Porträts von Albert Einstein oder Thomas Mann. Später war es ihr möglich, in New York wieder ein eigenes Atelier zu eröffnen und sich experimentellen Verfahren, wie den Photogenics, zuzuwenden.

 

Gerti Deutschs bewegte Biografie bezeugt, dass für den Start in den Exilländern zuweilen ein besonderes Geschick für die eigene Vermarktung notwendig war. Ihr eröffnetes Fotostudio in der Londoner Bond Street firmierte unter dem Slogan „Gerti Deutsch of Vienna“. Mithilfe sogenannter Musterbücher, die eine Auswahl aus ihrem Portfolio wiedergaben, bewarb sie sich bei Londoner Redaktionen um Aufträge. Als eine der wenigen Frauen wurde sie damals Reporterin bei der Picture Post, für die sie unmittelbar nach dem Krieg in ihre Heimatstadt Wien zurückkehrte. Eine der für das Magazin entstandene Reportage widmete sich der Ankunft von Kriegsheimkehrern. Besonders bemerkenswert erscheint hierbei, dass es Deutsch gelingt, die hoffnungsvollen Nuancen und die Freude am Wiedersehen festzuhalten.

 

Als einer der bedeutendsten Kriegsfotografen gilt heute Robert Capa. Der jüdische Fotograf floh 1933 von Deutschland zunächst nach Paris und emigrierte 1939 in die USA. Als Fotoreporter hält er ab 1936 das Kriegsgeschehen in Spanien fest. Aus nächster Nähe zeigt er die erbitterten Kämpfe zwischen den aufständischen nationalistischen Truppen Francisco Francos und den Internationalen Brigaden in Katalonien. An der Grenze zu Frankreich begleitete er die Ströme von Menschen, die versuchten, den Grausamkeiten des Krieges zu entkommen. Mit seinem Credo „Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran“, revolutionierte Capa die fotografische Berichterstattung nachhaltig.

 

Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich der unmittelbaren Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Hoffnung und Zuversicht paaren sich in den versammelten Aufnahmen mit dem Bild von Zerstörung und Leid. David Seymour dokumentierte 1948 beispielsweise im Auftrag des 1946 gegründeten Kinderhilfswerks UNICEF die Situation von Kindern in fünf vom Krieg verwüsteten europäischen Ländern: Österreich, Griechenland, Ungarn, Italien und Polen. „Als Fotograf spreche ich die Sprache der Bilder. Ich sehe mich um und versuche aufzunehmen, was ich sehe. Und in den letzten sechs Monaten habe ich eine Menge gesehen…“, sagte Seymour im UNESCO-Magazin über seine Dokumentation. Die Fotos der Reportage berühren bis heute und erscheinen vor dem Hintergrund politischer Entwicklungen wieder erschreckend aktuell.

 

„Fotokunst im Exil“ bietet einen umfassenden Einblick in ein besonderes Kapitel der europäischen Geschichte und zeigt zugleich, welch weitreichenden Folgen dieses für das Leben und die künstlerische Karriere von einzelnen Fotografinnen und Fotografen hatte. Von den präsentierten Aufnahmen werden einige zum ersten Mal in Deutschland gezeigt. Sie könnten dabei nicht unterschiedlicher sein. Sie alle eint aber, dass sie ambivalente Emotionen offenbaren: Trauer angesichts des Verlustes der alten Heimat, aber eben auch Hoffnung auf eine friedliche, bessere Zukunft.

 

Informationen:

Ausstellung „Fotokunst im Exil. 1928-1949“
6. April bis 22. Juni 2025
Fotografie-Forum der StädteRegion Aachen
Austraße 9, 52156 Monschau
info@kuk-monschau.de
Tel. +49 (0)2472-803194
Öffnungszeiten:     
Di-Fr von 14.00 – 17.00 Uhr
Sa & So von 11.00 – 17.00 Uhr
Mo geschlossen
Der Eintritt ist frei.

Führungen & Workshops im Lernatelier: 
• Bilder des Krieges – David Seymour und Robert Capa im Fokus
• Leben im Exil – Was lässt sich aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts lernen?
Die Angebote sind für Schulklassen und Jugendgruppen kostenfrei buchbar.
Kontakt über Sophie Kratzke (sophie.kratzke@staedteregion-aachen.de oder Tel: 0241/5198-1605).

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52070 Aachen