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DreiländerRegion gegen Tihange: Städteregionsrat Etschenberg übergibt Auskunftsersuchen an EU-Kommissar Canete. Dieser will bis an die Grenze des Machbaren gehen. Umweltministerin Höfken (RLP) fordert höchste Sicherheitsstandards in Europa!
StädteRegion Aachen. „Wir sollten mit Tihange 2 in dieser Form nicht leben müssen“, hatte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vor etwa einem Monat in Brüssel gesagt und damit den Menschen der DreiländerRegion Aachen aus der Seele gesprochen. Städteregionsrat Helmut Etschenberg, die Umweltministerin des Landes Rheinland-Pfalz Ulrike Höfken, Bürgermeister Fränk Arndt (Wiltz/Luxemburg) und Petro Hermans (Maastricht/NL) hatten jetzt Gelegenheit, dem für nukleare Sicherheit zuständigen EU-Kommissar Miguel Arias Canete die Sorgen der etwa 25 Millionen Menschen vorzutragen. Im Namen von rund 100 Landräten, Oberbürgermeistern und weiteren Hauptverwaltungsbeamten überreichte Etschenberg ein Auskunfts- und Informationsersuchen, das an die EU-Kommission gerichtet ist.
Die Europäische Kommission wird darin gebeten, sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihr im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Tihange 2 vorliegen. Außerdem soll sie alle ihr zustehenden Informationsansprüche gegenüber dem Königreich Belgien sowie weiteren Adressaten geltend machen und prüfen, ob das Königreich Belgien mit seinem Vorgehen in Bezug auf den Kernreaktor Tihange 2 gegen Vorgaben aus den europäischen Verträgen verstoßen hat bzw. verstößt.
Der Reaktor Tihange 2 musste in den letzten Jahren etliche Male wegen Betriebsstörungen vom Netz genommen werden. Bei Untersuchungen zeigten sich mehrere tausend Risse im Reaktordruckbehälter. Die zuständige belgische Behörde hat selbst bestätigt, dass die Ursachen der Risse bis heute nicht geklärt sind. Etschenberg hat hierauf ausdrücklich hingewiesen: “Die FANC muss endlich sagen, wie die Sicherheitsplanungen für den „worst-case“ aussehen. Eine Darstellung der Konsequenzen, was wir im schlimmsten Fall zu erwarten hätten, fehlt völlig. Unpassende Testergebnisse wurden als „abnormale Ausreißer“ bezeichnet und nicht weiter in die Prüfungen einbezogen. Das ist keine Basis für Vertrauen in die Arbeit der Aufsichtsbehörde. Wir brauchen klare Regeln, die für ganz Europa gelten müssen.
Der EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie, Miguel Arias Canete, sicherte zu, spätestens nach der Sommerpause eine Liste aller Dokumente vorzulegen, die der Kommission über Tihange 2 vorliegen. Erkenntnisse aus dem Umgang mit den baugleichen „Problemreaktoren“ Tihange 2 und Doel 3 will er bei der bevorstehenden Überarbeitung einschlägiger EU-Vorschriften einbringen. Er wies auch auf eine Richtlinie hin, die für mehr Transparenz sorgen soll und bis August 2017 von den Mitgliedsstaaten umzusetzen ist. Außerdem sagte er zu, sich um Antworten auf den Fragenkatalog der DreiländerRegion kümmern zu wollen – und zwar offen und transparent.
Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken machte beim Termin noch einmal die gemeinsame Haltung aller deutschen Umweltminister deutlich, wonach in Europa die höchsten Sicherheitsstandards gelten müssten. Sie setzen sich deshalb - zumindest für eine vorübergehende - Stilllegung der Problemreaktoren ein.
„Ich nehme die Sorgen der Menschen in den Nachbarländern ernst“, sagte Canete. Er wies jedoch erneut auf die Souveränität der Länder in Fragen der Kernenergie hin. „Ich will die Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Überarbeitung der einschlägigen Vorschriften einfließen lassen“, versprach der Energie-Kommissar. Er sicherte zu, sich jederzeit für die Fortsetzung des konstruktiven Gesprächs Zeit zu nehmen und bot ergänzende Fachgespräche auf Arbeitsebene an.
Städteregionsrat Helmut Etschenberg dankte Canete für die klaren Worte und das positive Gespräch: „Ich bin dem EU-Kommissar sehr dankbar, dass er sich persönlich mit unserem Auskunfts- und Informationsersuchen befassen wird. Ich erwarte Erkenntnisse und Argumente für unsere juristischen Auseinandersetzungen. Zudem bin ich sicher, dass kommende EU-Vorschriften eine deutlichere Sprache in Bezug auf die Sicherheit der Menschen - auch in unserer Region - sprechen werden.“ Gemeinsam mit Ministerin Höfken will sich der Städteregionsrat dafür stark machen, dass die „Materialversprödung“ in den „Rissereaktoren“ von der Bundesregierung als ein wichtiger Teilaspekt in die anstehenden Peer-Review-Gesprächen zur Alterung von Anlagen eingebracht und damit näher untersucht werden soll. Ein Peer-Review, auch Kreuzgutachten genannt, ist ein Verfahren von unabhängigen Experten aus dem gleichen Fachgebiet und dient der Qualitätssicherung.
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