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Geschichte lebendig erleben: Jugendliche treffen ehemalige Gastarbeiter im Alsdorfer Energeticon.

 

StädteRegion Aachen. Jetzt haben sich 35 Schülerinnen und Schüler der Realschule Baesweiler im Energeticon Alsdorf mit ehemaligen Gastarbeitern getroffen. Unter anderem führten sie ein Gespräch mit Carmelo Licitra und Mevlüt Zorlu, die in den 1980er Jahren als Gastarbeiter aus Italien und der Türkei nach Alsdorf gekommen sind. Sie erzählten den Jugendlichen als „Zeitzeugen“, wie sie nach Deutschland kamen, welche Herausforderungen sie meistern mussten und wieso sie sich entschieden haben, zu bleiben. Besonders interessant fanden die Schülerinnen und Schüler, wieso die Zeitzeugen als Gastarbeiter nach Deutschland kommen wollten – dazu gab es viele Nachfragen.

Die Beweggründe, nach Deutschland zu kommen, könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Carmelo Licitra aufgrund der Liebe in Aachen „landete“ - seine Frau ist ein „Öcher Mädsche“ -, zog Mevlüt Zorlu der Arbeit wegen nach Alsdorf. Wichtig fanden beide, dass sie in der neuen Heimat direkt Anschluss finden konnten. Carmelo Licitra wurde von der Familie seiner Frau aufgenommen, während der Vater von Mevlüt Zorlu bereits in Deutschland war und ebenfalls als Gastarbeiter im Bergbau arbeitete. Zurück nach Italien zu gehen kommt für Carmelo Licitra nicht in Frage: „Meine Zukunft ist hier. Ich dachte früher, ich gehe zurück, aber jetzt nicht mehr. Mein Wunsch hat sich geändert.“ Anschließend stellten sich die Jugendlichen Fragen zu ihrer eigenen Lebensgeschichte: Wo komme ich her? Wo fühle ich mich zu Hause und warum? Viele haben selber einen Migrationshintergrund und auch einige Großeltern waren Gastarbeiter.

Nach den Gesprächen erkundeten die Schülerinnen und Schüler das Energeticon zusammen mit dem ehemaligen niederländischen Steiger Norbert Kühne. In seiner Zeit als Bergmann arbeiteten „Kumpel“ aller Nationalitäten eng zusammen. Auch heute noch hält Mevlüt Zorlu Kontakt mit seinen ehemaligen Kollegen: „Unter Tage ist man aufeinander angewiesen. Und diese Freundschaft ist immer noch da, nach 35 Jahren.“ Das Energeticon befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Grube Anna II in Alsdorf, in der bis Anfang der 80er Jahre Steinkohle abgebaut wurde. Bei der Steigerführung bekommen die Besucherinnen und Besucher einen Eindruck davon, wie das Arbeitsleben der Bergmänner unter Tage aussah. Der Job war anstrengend und gefährlich, hat die Männer unter Tage aber auch zusammengeschweißt – egal, woher sie kamen.

Das Bildungsbüro fördert den Zugang junger Menschen zu historisch-politischer Bildung an vielen unterschiedlichen Lernorten in der StädteRegion Aachen. Migration in Form von sogenannter „Gastarbeiterschaft“ hat die Region und unsere Gesellschaft stark geprägt. Insbesondere der Kohleabbau im Revier ist nicht getrennt von Gastarbeit denkbar. Durch den Austausch mit Zeitzeugen an historischen Orten bekommen die Jugendlichen einen ganz eigenen und lebendigen Zugang zu diesem Teil der Geschichte. Dies soll helfen, Integrationsprozesse zu verdeutlichen, Barrieren abzubauen und Strukturen in unserer Gesellschaft zu verstehen. So können junge Menschen eigene Sichtweisen und Meinungen entwickeln und die Gesellschaft mitgestalten, beispielsweise in der Schule, im Freundeskreis und in der Familie.

Im Bereich der historisch-politischen Bildung unterstützt das Bildungsbüro die Entwicklung neuer Formate und Inhalte für die Arbeit regionaler Lernorte und insbesondere die Vernetzung zwischen diesen Einrichtungen und den Schulen. Das Projekt „Gastarbeiterschaft“ wurde gefördert durch das NRW-Landesprogramm „Gemeinsam MehrWert“.

Kontakt

Bildungsbüro
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Fax: +49 241 5198-84300